Als jedoch endlich das Angebot einer großen Rolle in dem Bunuel-Film Tagebuch einer Kammerzofe mit Jeanne Moreau auf mich zukam, wurde mir erklärt, dass ich die Rolle nur spielen könne, wenn ich die italienische Staatsbürgerschaft besäße. Mein italienischer Agent und ich berieten, was zu machen wäre. Seine Idee: Mit meinem italienischen Vater sollte es doch möglich sein, die italienische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Es gelang uns auch, sofort einen Termin für das entsprechende Gespräch mit einem hohen Beamten des zuständigen Ministeriums zu bekommen. Mein Agent erklärte unser Anliegen, der Beamte hörte ihn geduldig an, fragte, was für eine Nationalität ich denn besäße, und als ich sagte: »Die Deutsche«, faltete er seine Hände wie im Gebet und wedelte sie vor seinem Gesicht in einer sehr italienischen Geste: »Warum? Warum in aller Welt wünschen Sie die italienische Staatsangehörigkeit, wenn Sie die deutsche haben? – Sind Sie verheiratet? «Ich verneinte.» Wissen Sie, was es bedeutet, Italiener zu sein, wenn Sie heiraten?« Er presste die Handgelenke zusammen, um eine Fesselung zu demonstrieren. »Sie sind ein Sklave!« rief er,» ein Leben lang an eine ungeliebte Frau gefesselt. In Italien gibt es keine Scheidung!« schrie er. »Es gibt nur die Ungültigkeitserklärung durch die päpstliche Sacra Rota, die bekommen Sie aber nur, wenn Sie sehr reich, adelig oder impotent sind! Gehören Sie zu einer dieser privilegierten Gruppen?« Ich musste verneinen. »Na also!« triumphierte er, »ich könnte Ihnen noch Dutzende anderer Gründe nennen, die es nicht ratsam erscheinen lassen, Italiener zu werden und eine so bevorzugte Nationalität wie die germanische aufzugeben.« Wir, mein Agent und ich, sahen uns an. Fast gleichzeitig erhoben wir uns von unseren Stühlen und verabschiedeten uns von unserem temperamentvollen Ratgeber. Wir gaben unser Vorhaben auf, und ich habe folglich jene Filmrolle nicht bekommen.
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